#FloAufKlo reflektiert über den Tag. Eine kleine Enttäuschung hängt damit zusammen, aber auch das angenehme Glück, Kontakt zu Menschen zu haben, die ey nahe stehen.
CN Einsamkeit Pandemie Herzschmerz
Liebe ist nicht fair, dachte Flo. Nur weil ey sich jetzt Gefühle für eine Person bewusst geworden war, bedeutete das natürlich noch lange nicht, dass es auf Gegenseitigkeit beruhte. Das wusste Flo und verstand es auch, aber fair fühlte es sich trotzdem nicht an.
Anastasia hatte sich gefreut, dass Flo sich mal wieder gemeldet hatte. Kontakt während der Pandemie war immer schwierig. Besonders wenn es schon Tag 769 war. Im Gespräch hatte Anastasia aber auch erwähnt, dass sie aktuell keinen Sinn daran erkannte, warum Menschen überhaupt Beziehungen hatten. Sie fand es gut, dass sie Menschen endlich mal etwas auf Abstand halten konnte. So hatte Flo sich das nicht vorgestellt. Es war trotzdem ein schönes Gespräch. Anastasia hatte davon berichtet, dass sie eine Umschulung gestartet hatte. Sie arbeitete nun in einer Bibliothek. Sie berichtete, dass dort kaum Menschen vorbeikamen. Ihre Kolleg*innen hatten wohl davon erzählt, dass früher öfter mal Leute in den Bibliotheksräumen eingeschlafen waren, aber seit der Pandemie kamen diese Leute gar nicht mehr vorbei.
Flo wusste, wie sehr Anastasia Bücher liebte und freute sich für sie, dass sie nun mehr Zeit mit Büchern verbringen konnte.
„Aber an einem Tag hatte ich doch mal was in den Räumen gehört“, erzählte Anastasia. Es war an einem Freitagabend kurz vor der Schließung gewesen. Draußen war es bereits dunkel – es war auch tagsüber schon dunkel, dachte sich Flo – und Anastasia beantwortete E-Mails zur Verlängerung von Ausleihungen. Sie sah auf, sah aber nichts. Weil sie sonst allein war, stellte sie den Computer auf Stand-By und stand auf. Sie sah in der Schreibecke nach, aber dort saß niemand. Sie erinnerte sich, dass da aber noch zwei Leute in den Räumen sein müssten. Also ging sie weiter und bewegte sich durch die Regale. Am vorderen Ende standen die Kinderbücher. Wenn Familien mit ihren Kindern hier ankamen, konnte Anastasia die Kinder immer noch vorne an ihrem Arbeitsplatz lautstark hören. Sie mochte das. Dahinter waren Romane zu finden. Wenn Eltern sich noch fix Unterhaltung für sich selbst schnappen wollten, aber die Kinder nicht allein lassen wollten, konnten sie dies hier tun. Ein paar Regale weiter befanden sich die Regale mit den Hobbybüchern. Da hatte Anastasia schon großartige Kochbücher und Programmierbücher gefunden. Anastasia erzählte mit strahlender Stimme, dass sie gerade dabei war, ein eigenes Programm für das Bibliothekssystem zu schreiben. Auch an den Hobbybüchern ging Anastasia vorbei. Die Geräusche wurden lauter, schmatzend. Anastasia fragte sich, ob sie sich das vielleicht nur einbildete? War es vielleicht ein Plätschern? Über den Bibliotheksräumen verliefen Wasserrohre und ihre Vorgesetzte hatte sowieso schon Panik, dass das irgendwann zu einem Wasserschaden bei den Büchern sorgen würde! Also ging Anastasia weiter. Wenn es ein Wasserschaden war, musste sie schnell handeln!
In der letzten Reihe befanden sich alte Chroniken. Anastasia hatte sich mal den Spaß gemacht, und in eine Chronik reingesehen. Es waren alte Aufzeichnungen zum Bau des Stadtteils, in dem die Bibliothek aufzufinden war. Unter den Ausleihungen waren diese Bücher nie zu finden und auch bei den Rückgabestapeln in den Räumen selbst hatte sie diese Chroniken nie angefunden. Es war sehr unwahrscheinlich, dass noch jemand mit diesen Büchern arbeitete. Aber das Geräusch wurde wieder lauter. Es klang wirklich nach einem Schmatzen! Bevor sie ins letzte Regal abbog, räusperte sie sich. Sollte sie das auffinden, was sie befürchtete, denn wollte sie einen Moment Vorwarnungszeit geben. Sie hörte Stimmen flüstern.
„Oh shit!“, raunte die erste Stimme.
„Wer guckt denn hier in der letzten Reihe nach?!“, fragte eine andere Stimme.
„Was sind das hier überhaupt für Bücher?“, fragte die erste Stimme.
„Das sind alte Chroniken aus dem Stadtteil“, antwortete Anastasia. Sie wartete hinter dem Regal, bis die beiden Personen rauskamen, zu denen die Stimmen gehörten.
„Entschuldigung“, murmelten sie. Eine der beiden Personen hatte sich tatsächlich eines der Bücher aus dem letzten Regal genommen und wollte sich dieses denn später auch ausleihen. Anastasia erzählte, dass es für sie das erste Mal war, dass tatsächlich jemand eines der Bücher aus dem letzten Regal in der Bibliothek ausgeliehen hatte.
Flo gefiel die Geschichte. „Ob ich mal eines der Bücher aus dem letzten Regal ansehen kann?“, fragte ey.
„Ja“, sagte Anastasia.
Das Gespräch zwischen den beiden ging im Guten auseinander und doch verlief es nicht so, wie Flo es gehofft hatte. Sie waren dabei verblieben, demnächst wieder miteinander zu reden. Es gab also immerhin etwas, worauf Flo sich freuen konnte.
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Ja, ich habe mich dazu verleiten lassen, den Hashtag #FloAufKlo zu benutzen. Wer hätte es gedacht? Der Hashtag war zuvor noch nicht auf Twitter in Benutzung! Lasst uns doch den Hashtag gemeinsam zum Leben erwecken!